Willkommen in Indien

Die ersten 4 Tage waren komplett geplant. Um 02:15 Uhr morgens werden wir direkt vom Flughafen abgeholt, bekommen unser eigenes Zimmer bei einem Freund und haben von dort eine phänomenale Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Alles scheint absolut perfekt. Doch wie wir alle wissen, läuft es meistens nicht nach Plan.
..denn der Freund aus Indien vergaß und abzuholen! So waren wir gezwungen vollkommen ohne Plan und Ahnung an einem Flughafen in Indien zu stranden. Jedes andere Land wäre mir lieber gewesen, doch es war ausgerechnet INDIEN!!!
Die Suche nach einem vertrauenswürdigen Taxifahrer stellte sich als großes Problem dar. Vor allem weil wir keine Ahnung hatten wohin wir müssen und Corinna sich von der ersten Minute an in diesem Land nicht wohl fühlte. Sie selbst war die Sehenswürdigkeit schlecht hin. Leider dauerte es eine Ewigkeit, bis wir einen Taxifahrer fanden, der uns ins Zentrum zu einer Touristeninformation fuhr. Wir wussten, dass es eine Abzocke für Touristen war, aber wo sonst hätten wir die Zeit überbrücken können? Wir machten einfach den Anschein, als wären wir sehr an einer großen Tour interessiert und warteten im geheimen nur, bis sich die Sonne zeigt. Im Nebenraum konnten wir hören, wie andere Touristen eine 3-wöchige Tour zu einem schwindeligen Preis buchten. Sie arbeiten ganz nach dem Motto: Abfangen, solange sie keinen Vergleich haben und nicht wissen, wie billig dieses Land ist. Was für ein Plan..
Um 05:30 Uhr, gerade als es hell wurde, läutete  auf einmal das Telefon. Unser Freund Ajit war dran und entschuldigte sich tausend Mal für das Versäumnis. Als er uns endlich abholen kam, war die Erleichterung uns deutlich anzusehen, leider erlosch sie sofort wieder beim Anblick seiner Wohnung. Bereits auf dem Weg zum Gebäude war überall sehr viel Müll zu sehen. Wegen der vielen Fliegen und dem Staub, der in der Luft lag mussten wir Offtmals das Gesicht verdecken.

DSCF0019 DSCF0037 DSCF0140 DSCF0133Die Wohnung selbst erinnerte uns viel mehr als eine Baustelle, als eine Wohnung. Die Wände waren verschmiert, der Boden dreckig und von der Küche fange ich lieber gar nicht erst an.DSCF0010Immerhin bekamen wir eine Art Futon-Imitation, aus der wir mit Hilfe unserer Schlafsäcke einen super Schlafplatz zauberten. Wer sich waschen möchte, der muss dies im Klo mit einem kleinen Kübel tun, denn Dusche gab es keine. Auch richtige Toiletten sind eine Rarität. Nahezu alle verwenden Stehtoiletten. Ich werde nie wieder Corinnas Worte bei dem Anblick des Badezimmers vergessen: „Tja, erlebe die Welt“ 😉 Im Nachhinein sind wir froh, gesehen und auch miterlebt zu haben, wie die meisten Leute in Indien wohnen. Durch die Art, wie wir reisen, waren wir schon viel gewohnt, doch das schlug sogar Bolivien.

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So viel zum Start.
Es dauerte nicht lange, bis wir uns mit den wichtigsten Dingen ausgestattet hatten. Eine Sim-Karte mit Datenplan, genügend Wasser und den passenden Karten-Apps reichte vorerst vollkommen aus. Ajit musste sehr viel Arbeiten und stellte uns aus diesem Grund eines Abends seinen Freund Rajesh vor. Wir verstanden uns so gut, dass er uns bereits schon am nächsten Tag bei unserer Sightseeing-Tour begleitete. Anstatt jetzt eine nach der anderen aufzuzählen, habe mich für die beeindruckendste davon entschieden.

Gurudwara Bangla Sahib

Er ist nicht nur einer der schönsten Sikh Tempel, sondern auch eine riesige Anlaufstelle für Arme und Hilfsbedürftige Menschen. Jeden Mittag versammeln sich dutzende Menschen in der Essenshalle und bekommen ohne auch nur einen Cent bezahlen zu müssen den Hunger gestillt. Wir erreichten den Tempel eine Weile davor und hatten noch genug Zeit um uns alles anzusehen. Rajesh ist noch keine 30 Jahre alt, aber ein Sikh, wie es im Buche steht. Bei uns werden die meisten Menschen erst mit zunehmendem Alter richtig gläubig, hier hingegen waren, sind und bleiben sie es immer. Dank ihm besuchten wir nicht einfach ein paar Gebäude, sondern sahen und lernten viel über den Glauben.

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Unter anderem erklärte er uns, dass viele Leute in diesem Areal wohnen und im Gegenzug jeden Tag ihren Beitrag in der Erhaltung des aufgebauten Systems leisten. DSCF0062 Das interessanteste war die Küche. In riesigen Töpfen wurden Gemüsesuppen über einer großen Gasflamme zubereitet. Auf der anderen Seite saßen 20 Leute im Kreis und formten Brote. Sie fragten uns gleich, ob wir gerne etwas helfen möchten. Mal ehrlich, wer sagt dazu schon nein 😉 Alle waren sehr freundlich und versuchten trotz der Sprachbarriere Kontakt zu knüpfen. Zu unserer Verwunderung gab es nicht mal in einer großen Küche wie hier Waschbecken um die Hände zu waschen.
Währenddessen sammelten sich schon dutzende hungrige Menschen vor dem Essenssaal. Menschen mit Behinderung, junge, alte, sogar ganze Familien waren zu sehen. Als sie die Tore öffneten verließen wir das Areal, denn das Essen ist eigentlich für die armen Leute gedacht und nicht für uns. Zu unserer Verwunderung gesellen sich manchmal auch wohlhabende Menschen dazu.DSCF0061 DSCF0060
Nur wenige Meter entfernt fanden wir einen Marktstand mit „Bred“ und aßen es daneben auf einer Parkbank. Streng genommen war es nichts weiter, als 2 Scheiben Toastbrot mit einer speziellen Sauce dazwischen. Das war einer dieser Momente, an denen man vergessen konnte, dass wir anders aussehen. Zumindest bis eine ältere Dame her kam und tatsächlich so frech war uns nur wenige Meter neben dem Eingang vom Gurudwara Bangla Sahib Tempel um Geld anzupumpen. Warum auch etwas gratis essen, wenn da 2 weiße sitzen, die mir Geld geben können. Natürlich ging sie leer aus. Wir wollten es dann einfach wissen, worauf Corinna ihr vorschlug ein Bred für sie zu kaufen, doch nein, NEIN. Nur bares ist wahres..DSCF0079Was das Betteln angeht, ist es wie in Bolivien. Kommt eine weiße Person, werden sofort die Hände zusammen gefaltet und ein hilfloser Blick aufgesetzt.
Versteht uns bitte nicht falsch. Wenn jemand arm ist und Hilfe braucht, dann helfen wir gerne, aber für solche offensichtlichen Maschen haben wir nichts übrig – dafür haben wir inzwischen schon genug gesehen und erlebt.
In den nächsten Tagen sahen wir noch zahlreiche weitere Gebäude an und feierten mit unseren neu gewonnenen Freunden. Ich hoffe, der ein, oder andere kommt uns in eines Tages in Österreich besuchen.

Hier noch ein paar Impressionen:

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